place to go an der Côte d'Azur: Das Haus E-1027 von Eileen Gray

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place to go an der Côte d'Azur: Das Haus E-1027 von Eileen Gray

Wandmalerei von Le Corbusier im Haus E-1027 von Eileen Gray. Die Architektin selbst empfand dieses Werk als Vergewaltigung ihres Hauses.

„Ein Haus ist keine Maschine, sondern die Schale des Menschen, seine Verlängerung, seine Freisetzung, seine spirituelle Emanation.“ – So beschreibt Eileen Gray ihre Vorstellung vom Wohnen. Und mit diesem Satz grenzt sie sich klar ab von den Ideen des dominanten Architekten ihrer Zeit: Le Corbusier. Am Cap Martin, am östlichsten Ende der Côte d’Azur, baute Gray 1929 das Haus E-1027 – ein Manifest ihrer Architekturauffassung. Und ein Ort, der bis heute für Diskussionen sorgt.

Schon die Entstehungsgeschichte ist außergewöhnlich:

  • Eileen Gray, geboren in Irland, lebt seit über zwei Jahrzehnten in Paris, als sie sich in den rumänischen Architekten Jean Badovici verliebt – 15 Jahre jünger als sie.
  • Badovici bringt Gray auf die Idee, erstmals ein Haus zu entwerfen. Sie kauft zwei Grundstücke an der felsigen Küste des Cap Martin – mit Blick aufs Meer – und beginnt zu bauen.
  • Der Name des Hauses kommt übrigens von den Initialen des Paares: E für Eileen, 10 für den 10. Buchstaben im Alphabet, J wie Jean. Und dann 2 für B (Badovici) und 7 für G (Gray).

Die Architektur ist ebenso präzise wie poetisch:

  • Das Haus steht auf Stelzen, ist langgezogen und schmal, mit weiß gestrichenen Wänden und einer Terrasse, die an ein Schiffsdeck erinnert – Reling und Rettungsring inklusive.
  • Eileen Gray setzt ganz auf Klarheit: Die Wände sind leer, das Licht wird bewusst gelenkt, der Blick aufs Mittelmeer steht im Zentrum.

Doch was als Manifest begann, wird bald zum Konflikt:

  • Gray und Badovici trennen sich nur drei Jahre nach dem Einzug. Gray schenkt ihm das Haus – ein Schritt, den sie später bereuen wird.
  • Badovici lädt Freunde ein, darunter Le Corbusier. 1938/39 malt Le Corbusier sieben großformatige Wandgemälde direkt auf die weißen Wände – teils arbeitet er nackt und lässt sich dabei fotografieren.
  • Eileen Gray nennt die Aktion später eine „Vergewaltigung ihres Hauses“ – sie betritt E-1027 nie wieder.
Ob Le Corbusiers Bilder bleiben sollten, ist bis heute umstritten:

  • 2021 wird E-1027 nach sechsjähriger Restaurierung wiedereröffnet – in vielen Details originalgetreu. Nur die von Le Corbusier bemalten Wände bleiben erhalten.
  • Die einen sagen: eine Respektlosigkeit gegenüber Eileen Grays Werk. Die anderen: ein Stück Geschichte, das nicht gelöscht werden darf.

Wo ihr E-1027 findet: Am Cap Martin, direkt an der Küste, unweit von Monaco. Das Haus kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden – Tickets sind am besten vorab online zu buchen.

Wer noch tiefer in die Geschichte von Eileen Gray und E-1027 eintauchen möchte:

Der Film E.1027 – Eileen Gray und das Haus am Meer beleuchtet Grays Lebenswerk in eindrucksvollen Bildern und erzählt die bewegte Geschichte des Hauses.

Auch literarisch wurde das ikonische Bauwerk zum Schauplatz: In Joséphine Nicolas’ Porträt-Roman Das Haus am Meeresufer verschmelzen Fiktion und Biografie zu einer intensiven Annäherung an die Architektin.

Und wer visuelle Erzählformen liebt, wird im englischsprachigen Comicroman Eileen Gray: A House Under the Sun fündig. Autorin Charlotte Malterre-Barthes und Illustratorin Zosia Dzierzawska zeichnen darin nicht nur das Haus, sondern auch das Ringen einer Pionierin um Sichtbarkeit und Anerkennung im männlich geprägten Architekturkanon nach – ein sensibles, eindrucksvolles Porträt in Bildern.

Wenn du dich für moderne Architektur interessiert oder wissen willst, was es mit dem Namen der Villa E-1027 auf sich hat: Höre dir gerne unsere Podcast-Episode über diesen ‘place to go’ an der Côte d’Azur an und erfahre noch mehr über die Hintergründe und Anekdoten rund um dieses besondere Haus: